Entwicklung der eingetragenen Lebenspartnerschaften

Der vorliegende Beitrag setzt sich im Bereich des Familienrechts mit der Entwicklung der eingetragenen Lebenspartnerschaften auseinander. Er skizziert die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und geht auf das Ehegattensplitting ein. Abschließend zeigt er offene Rechtsfragen und eine mögliche Entwicklung auf.

I. Einleitung

Das Lebenspartnerschaftsgesetz, kurz LPartG, trat im August des Jahres 2001 in Kraft. Dadurch war es erstmals für gleichgeschlechtliche Partner möglich, eine vom Staat eingetragene, rechtlich verbindliche Partnerschaft (Lebenspartnerschaft) einzugehen. Hierbei handelt es sich um ein vom Gesetzgeber eigenständig geschaffenes familienrechtliches Institut. Die Regelungen, die das LPartG enthält, waren in der Regel an die Bestimmungen zur Ehe angelehnt oder waren denen exakt nachempfunden oder verwiesen schlichtweg auf diese. Das Lebenspartnerschaftsgesetz verfolgte das Ziel, die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen zu beenden. Dies geschah auch unter dem Blickwinkel, dass die Homosexualität als solche noch bis 1994 gemäß § 175 StGB unter Männern strafbar war. Zu der Aufhebung dieses Straftatbestandes kam es erst durch die Gesamtdeutsche Wiedervereinigung im Rahmen des Art. 1 des 29. Strafrechtsänderungsgesetzes.

Im Jahre 2005 kam es zu einer Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsgesetzes (Gesetz zur Überarbeitung des LPartG). In diesem Zusammenhang wurde das Lebenspartnerschaftsrecht weitgehend an die Ehe angeglichen. Nunmehr wurde geregelt, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz die ehelichen Güterrechte übernimmt. Ferner wurden die Aufhebungsvoraussetzungen der eingetragenen Lebenspartnerschaft an das bestehende Scheidungsrecht angeglichen. Es kam zu einer Einführung der Stiefkindadoption und des Versorgungsausgleiches. Das damalige Gesetz enthielt jedoch keine Regelung zu einkommensteuerrechtlichen Fragen.

II. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)

Bevor es zu einer voranschreitenden Gleichstellung zwischen der Lebenspartnerschaft und der Ehe kommen konnte, ging eine Grundsatzentscheidung des BVerfG voran. Nach Inkrafttreten des LPartG kam es zu Normenkontrollanträgen von Sachsen, Thüringen und Bayern. Diese stellten dem BVerfG die Frage der Vereinbarkeit des LPartG mit dem Grundgesetz. Nach diesem Urteil war nunmehr der Weg frei für eine weitergehende Anpassung und Angleichung. Das Bundesverfassungsgericht sah die eingetragene Lebenspartnerschaft als verfassungskonform an und machte deutlich, dass kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. I GG vorliegt.
Der im Grundgesetz vorgesehene besondere Schutz der Ehe aus Art. 6 Abs. I GG hindert den Gesetzgeber nicht daran, für gleichgeschlechtliche Partnerschaften Regelungen sowie Pflichten und Rechte vorzusehen, die denen der Ehe gleichkommen oder denen der Ehe nachempfunden sind.

In zwei Beschlüssen, namentlich vom 7.7.2009 und vom 21.7.2010 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die eingetragenen Lebenspartnerschaften in den Bereichen der Hinterbliebenenversorgung im öffentlichen Dienst sowie im Schenkungssteuerrecht, im Erbschafts- und Grunderwerbsrecht gleichzubehandeln sind. Es folgte eine Vielzahl von weiteren Beschlüssen zu der Hinterbliebenenrente bei der gesetzlichen Rentenversicherung sowie beim Thema Familienzuschlag im Beamtenrecht. Der neueste Beschluss vom Bundesverfassungsgericht setzt sich mit dem Adoptionsrecht auseinander. Bisher war es so, dass wenn ein Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ein Adoptivkind mit einbrachte, der andere Partner dieses Kind nicht adoptieren konnte. Das BVerfG sieht diese Praxis, in § 9 Abs. VII LPartG geregelt, mit dem Gleichheitsartikel 3 Abs. I Grundgesetz für unvereinbar, d.h. für verfassungswidrig.

In einem noch zu erwartenden Urteil muss das BVerfG, nach einer Normenkontrollanfrage gemäß Art. 100 Abs. I GG durch das Amtsgericht Berlin-Schöneberg, entscheiden, ob die gemeinschaftliche Adoption weiterhin verboten sein kann oder, ob dies ebenfalls gegen die Verfassung verstößt.

III. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Ehegattensplitting

Bisherige Praxis war es, dass eingetragene Lebenspartnerschaften nicht am Ehegattensplitting teilhaben konnten. Dies wurde durch Beschluss vom 7.5.2013 des BVerfG für nicht verfassungskonform erklärt. Geregelt war dies im Einkommenssteuergesetz. Dies steht nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht im Einklang mit Art. 3 Abs. I GG. Darüber hinaus entschied das Gericht, dass der Verfassungsverstoß rückwirkend durch den Gesetzgeber seit Einführung des LPartG zu beseitigen sei.

Auch in der Folgezeit dürfte es zu einer weiteren Reihe von Anpassungen und Gleichstellungen kommen. Zum Beispiel im Bereich weiterer Einkommenssteuerregelungen, auf die sich das Urteil nicht bezogen hatte.

IV. Offene Rechtsfragen bezüglich der eingetragenen Lebenspartnerschaften

Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass es sich bei den eingetragenen Lebenspartnerschaften (wie auch die Ehe) um eine rechtlich verbindliche, auf Dauer angelegte Lebensform handelt. Diese sei ferner durch eine Verantwortungsübernahme geprägt. Es erwächst also die gleiche Garantenpflicht wie in der Ehe und auch die gleichen Treue- und Fürsorgepflichten. Unter diesem Blickwinkel erscheint es fraghaft, warum das Gericht bei seinen Entscheidungen als Maßstab der Verfassungskonformität lediglich den Art. 3 Abs. I GG herangezogen hat und nicht den Art. 6 Abs. I GG (Grundrecht der Ehe und der Familie).

Ferner bleibt es offen, wie das BVerfG zu der aufgeworfenen Adoptionsfrage urteilt.

Weitere Punkte sind zum Beispiel das Kindergeldrecht. Eingetragene Lebenspartnerschaften können dieses nicht beziehen. Grund ist der § 63 Abs. I, Nr.2 EStG. Hiernach wird Kindergeld nur für denjenigen Berechtigten gezahlt, der die Kinder seines Ehegatten in seinen Haushalt aufnimmt. In einem Urteil stellt der Bundesfinanzhof fest, dass es sich bei Partnern einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft nicht um Ehegatten handelt.

Für Partner einer LPart besteht darüber hinaus nicht die Möglichkeit Mitinhaber der elterlichen Sorge zu werden.Nach § 9 Abs. I LPartG ist für den Partner lediglich die Ausübung des „kleinen Sorgerechts“ möglich. Dies umfasst lediglich alltägliche Dinge, Angelegenheiten und Entscheidungen. Dies gilt aber auch nur dann, wenn der andere Partner einverstanden ist und wenn dieser das alleinige Sorgerecht ausübt.

Im Bereich der eingetragenen Lebenspartnerschaft bleibt eine Vielzahl von Rechtsfragen offen. Es bedarf weiterer Entscheidungen des BVerfG und neuer Gesetz durch den Gesetzgeber.

V. Fazit

Teile der Literatur, d.h. der Lehre, diskutieren darüber, das LPartG wieder abzuschaffen und die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Praktiziert wird dies schon in Belgien, den Niederlanden, in Spanien, Norwegen, Schweden, Kanada, in Südafrika und in einigen US-amerikanischen Rechtsordnungen. Wie dies umgesetzt werden müsste, wird noch nicht ganz einheitlich beurteilt. Die herrschende Meinung geht davon aus, dass hierfür keine Verfassungsänderung nötig ist. Eine andere Ansicht vertritt hierzu Brosius-Gersdorf in FamFR 2013, 169. Sie hält eine vorherige Änderung des Grundgesetzes für notwendig.

Berücksichtigung muss indes finden, dass sich der Begriff der Ehe und der Familie, wie er von den Vätern des Grundgesetzes benutzt wurde, bis heute weitgehend geändert hat.

(In Anlehnung an NJW-Spezial, Heft 15, 2013)