Auskunftsansprüche des Kindes gegenüber dem behandelnden Arzt bei Fremdsamenspende

Haben durch Samenspende gezeugte Kinder ein Recht gegenüber dem Arzt auf Bekanntgabe des Spenders?

Kinder, die durch Samenspende eines Dritten gezeugt wurden, haben ohne Ausnahme ein Auskunftsrecht gegenüber einem behandelnden Arzt oder einer Klinik auf Bekanntgabe der Identität des Spenders.

Vorliegend klagt ein durch Samenspende gezeugtes Kind gegen die behandelnde Klinik auf Auskunft über die Identität des Fremdsamenspenders. Die Eltern schlossen mit der Klinik seinerzeit einen Behandlungsvertrag ab, der unter anderem regelte, dass ein Auskunftsanspruch der Eltern auf Identität des Spenders nicht besteht. Nach Kenntniserlangung des Kindes über die Zeugung durch Samenspende klagte es auf Auskunft.

Das LG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision war zulässig und begründet.

In solchen Fällen kommen für das Kind mehrere Auskunftsansprüche in Betracht. Ein solcher ist § 128 Handelsgesetzbuch in analoger Anwendung (persönliche Haftung der Gesellschafter). Dies gilt gegenüber dem Arzt, der dadurch persönlich auf Erfüllung in Anspruch genommen werden kann. Ein weiterer Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen des Arztes ergibt sich aus analoger Anwendung des § 810 BGB (Einsicht in Urkunden). Ein Auskunftsanspruch auf die Identität folgt aus § 242 BGB, der die Leistung nach Treu und Glauben regelt.

Der zwischen den Eltern und der Klinik geschlossene Vertrag vermag einen Auskunftsanspruch des Kindes nicht zerstören. Er wirkt sich vielmehr einseitig zu Lasten des Kindes aus. Mithin handelt es sich um einen unzulässigen Vertrag und kann dem Kind bei seinem Verlangen auf Auskunft nicht entgegengehalten werden. Ferner hat das Kind ein Recht auf Kenntnis seiner Abstammung. Dies wird schon durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) des Kindes begründet.

Innerhalb einer Grundrechtsabwägung zwischen dem Grundrecht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung (APR) und den Grundrechten des Arztes auf freie Berufsausübung sowie des Samenspenders und seiner Interessen, müssen diese Interessen hinter das Interesse des Kindes zurücktreten. Das Recht auf Abstammung als grundgesetzlich geschütztes Gut wurde so schon von dem Bundesverfassungsgericht 1989 bestätigt.

(OLG Hamm, Urt. v. 6.2.2013 – I – 14 U 7/12)