Trennungsunterhalt ist bei einseitigem Ausbrechen aus der Ehe nicht sofort verwirkt; eine verfestigte Lebensgemeinschaft kann im Einzelfall auch schon nach einem Trennungsjahr angenommen werden

OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.03.2012
Az.: 13 UF 155/11

Zum Sachverhalt:
Die Parteien stritten um die Zahlung von Trennungsunterhalt. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind seit 2000 verheiratet, leben aber seit September 2010 getrennt. Für die Zeit ab Dezember 2010 macht die Antragstellerin, welche inzwischen bei ihrem neuen Lebensgefährten lebt, Trennungsunterhalt geltend. Das Amtsgericht hatte den Antragsgegner für die Zeit bis zum Ende des ersten Trennungsjahres zur Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von 410 € verpflichtet. Die Unterhaltshöhe war aufgrund von Verwirkung auf diesen Betrag herabgesetzt worden. Gegen diese Entscheidung wandte sich die Antragstellerin.

Begründung:
Das Gericht hat die Entscheidung des Amtsgerichtes bestätigt. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt ergibt sich dabei aus § 1361 BGB. Streitig war in diesem Fall zwischen den Parteien, ob der Anspruch der Antragstellerin aufgrund ihrer neuen Partnerschaft bereits verwirkt war. Eine Verwirkung des Trennungsunterhaltes gemäß § 1361 Abs. 3 in Verbindung mit § 1579 Nr. 7 BGB liegt allerdings nur dann vor, wenn dem Unterhaltsberechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegenüber dem Unterhaltsverpflichteten zur Last fällt.
Das Gericht entschied hier, dass die Antragstellerin ihren Unterhaltanspruch bis zum September 2011 nicht verwirkt hatte. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass ein solches verwirkungsbegründendes Fehlverhalten bereits vorliegen kann, wenn sich ein Ehegatte einseitig von der Ehe löst und einem neuen Partner zuwendet, allerdings ist dabei zu berücksichtigen, ob das Verhalten des Berechtigten alleine der Grund für das Scheitern der Ehe war. In diesem Fall sah das Gericht, dass die Antragstellerin ihren Lebensgefährten zwar schon in der Ehe kennengelernt hatte, sich deren Beziehung aber zum Trennungszeitpunt erst langsam entwickelt hatte und die Ehe der Parteien daher aus objektiver Sicht schon vor der Trennung über einen längeren Zeitpunkt in der Krise steckte, die Trennung also beiden Parteien anzulasten war.
Das Gericht sah eine Verwirkung des Unterhaltes erst ab Oktober 2011 an, da bereits zu diesem Zeitpunkt von einer gefestigten neuen Partnerschaft ausgegangen werden konnte welche eine solche Verwirkung begründet. Die neue Partnerschaft befand sich nämlich aufgrund der Vorkontakte während der Ehe und dem schneller Einzug der Antragstellerin bei ihrem neuen Lebensgefährten direkt nach der Trennung in einem solch vorangeschrittenen Stadium, dass ausnahmsweise schon zu diesem Zeitpunkt von einer Verfestigung gesprochen werden konnte, eine Unterhaltsverwirkung also ab Oktober 2011 eintrat.